Andrea Offermann

Andrea Offermann »The Ship Sank« Tusche/Finelinerzeichnung auf Clayboard mit Öllasuren ca. 20,3 cm x 25,4 cm
Andrea Offermann »The Ship Sank« Tusche/Finelinerzeichnung auf Clayboard mit Öllasuren ca. 20,3 cm x 25,4 cm

»The Ship Sank«

Das Bild »The Ship Sank« ist eines von vier Bildern aus einer Serie, die ich 2006 für einen Wettbewerb gemalt habe. Das Buch »Schiffbruch mit Tiger« von Yann Martel hatte gerade den Booker Prize gewonnen, und der Verlag Canongate Books hatte zusammen mit der Times London beschlossen, einen Wettbewerb auszuschreiben, um das Buch zu illustrieren.

Ich hatte das Buch gerade gelesen und war begeistert davon. Als ich von dem Wettbewerb hörte, war sofort klar, daß ich mitmachen wollte, und welche Szene ich malen wollte.

In einem der Schlüsselmomente des Buches geht der Überseedampfer, auf dem Pi mit seiner Familie und deren Zoo nach Kanada fährt, unter, und mit dem Schiff Pis Familie und fast der ganze Zoo. Pi rettet einige Tiere, darunter einen Tiger, in sein Rettungsboot, mit dem er über 200 Tage lang auf dem Meer sein wird.

Diese Szene wird aus Pis Sicht beschrieben und konzentriert sich auf ihn, das Boot und den Tiger. Aber so viel mehr passiert hier, denn eine Unzahl von Tieren und Menschen kämpft um sie herum ums Überleben. Ich wollte sie als einen Teil der ganzen Szene darstellen und zeigen, was unter der Wasseroberfläche passiert, was Pi nicht sehen kann, aber fühlt.

Anstatt eine grausame Untergangsszene zu malen, beschloß ich, die Welt unter Wasser in einer Art Trancezustand darzustellen, denn Pi konzentriert sich hier nur auf Richard Parker, den Tiger, und versucht, alles andere auszublenden.

Diese Szene markiert auch den Beginn eines neuen Teils der Geschichte, der zum Schluß in zwei Versionen existiert. Ich möchte mit den zwei Ebenen in diesem Bild auch darauf hindeuten, daß unter der Oberfläche des Erzählten möglicherweise noch weitere Welten liegen.

Die Arbeit an einem Vorschlag für dieses Buch war sehr wichtig für mich, denn ich hatte völlig freie Hand und konnte experimentieren, sowohl was die Umsetzung des Textes betraf, als auch die Art und Weise, die Bilder zu malen.

Zu diesem Zeitpunkt hatte ich mein Studium gerade 6 Monate abgeschlossen, und entwickelte noch Arbeitsweisen und Stilfeinheiten. Für die Bilder dieser Serie arbeitete ich zum ersten Mal mit einer Kombination von Tuschezeichnung mit Öllasuren, was einen Effekt von Tiefe und Dreidimensionalität hervorrief, was sehr gut zu meinem Konzept passte.

Im Moment ist es selten, daß ein Roman für Erwachsene illustriert wird. Aber gerade diese Bücher können dem Illustrator durch ihre Vielschichtigkeit viel Raum bieten, um weitere Facetten der Geschichte hervorzuheben, und so die Erfahrung des Lesers zu vertiefen.

Andrea Offermann, Lübeck

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